Mit ‘Hartmut von Hentig’ getaggte Artikel

Minima Paedagogica

Freitag, 21. Mai 2010

Hartmut von Hentig bezeichnet mit Minima Paedagogica sechs Merkmale einer neuen Schule . Da diese Merkmale nicht gegeben sind, sondern erwartet werden, formuliert er sie als Thesen. Die erste These beschreibt die Schule als Lebensraum, neben Familie und Wohnung, Straße, Nachbarschaft und Natur . Die Schule ist für die Mehrzahl der Kinder, für den größten Teil des Tages, der wichtigste oder einzig erträgliche Aufenthaltsort, weshalb man die Schule auch zum Lebensort machen kann, an dem dann die lebensnotwendigen Erfahrungen ermöglicht werden . Nach Hartmut von Hentig muss man in einem Lebensraum leben können- „als Mensch und nicht als die Kunstfigur Schüler oder Lehrer “. Diese erste These verlangt die größte Umstellung, da sich ein solcher Wandel nur langsam vollzieht . In der zweiten These sollen die Schüler, an der neuen Schule, die wichtigsten Merkmale unserer Gesellschaft, erfahren. Also diejenigen, die sie hat, und diejenigen, die sie haben will. „Unsere Gesellschaft stützt die Freiheit der Person; sie bejaht die Vielheit der Meinungen, der Lebensziele und Lebensformen- sie ist >pluralistisch>; sie achtet die Würde des einzelnen. Dies macht den Reichtum unseres Lebens aus, aber auch einen Teil unserer Probleme “. „In der neuen Schule wird ein großer Teil des Lernens tatsächlich einzeln vor sich gehen. Jedes Kind hat seine Aufgabe und sucht den Lehrer auf, wenn es Hilfe braucht, oder der Lehrer geht zu ihm. Zur Verselbständigung wie zum Unterschiede- machen- und- bejahen gehört, dass man seine Aufgabe aus einem wohlbedachten Angebot von Aufgaben selber wählt, wenigstens mitbestimmt, wann man sie erledigt“. Der Zusammenhang der Gruppe darf dabei nicht verloren gehen und somit erfährt jedes Kind in der Versammlung, was jedes andere tut. Es ist möglich, sich Helfer in der Gruppe zu suchen, da die Gruppe zusammenbleibt. Es ist eine Gemeinschaft von Individuen, kein Kollektiv . „Die neue Schule wird, wo immer sie das kann, Kinder verschiedener Alter, Begabungsarten, Kulturen, Interessen und Religionen zusammenbringen- auf der Basis nicht einer Einjahresgruppe, sondern der Drei- bis Vierjahresgruppe. Sind die Kinder in den ersten Jahren unterschiedlich alt, nehmen sie auch ihre Leistungsunterschiede als etwas Natürliches wahr und hin “. In der dritten These ist die Schule als Erfahrungsraum zugleich ein Ort, „an dem der einzelne die Notwendigkeit, die Vorteile und den Preis des Lebens in der Gemeinschaft erfährt. Die Schule ist eine polis. Man lernt am Modell dieser Gemeinschaft die Grundbedingungen des friedlichen, gerechten, geregelten und verantworteten Zusammenlebens und alle Schwierigkeiten, die dies bereitet “. Nach Hartmut von Hentig muss Schule als Lebens- und Erfahrungsraum Sache aller sein, d.h. sie ist die polis der Schüler. „Der Unterrichtsauftrag der Schule ist Sache der polis der Bürger, die diese eingerichtet haben “. In der vierten These ist die Schule ein Lebensraum, in der sich der ganze Mensch entfalten können muss. „In der neuen Schule wird darum versucht, soviel Belehrung wie möglich durch Erfahrung zu ersetzten oder doch durch Erfahrung zu ergänzen. Man lernt gleichsam auch an der Schule und an dem in ihr vor sich gehenden Leben, nicht nur in der Schule- wie man sonst sagt und denkt. Hierfür hat sich der Terminus -ganzheitliches Lernen- eingespielt “. Eine Schule, die die vielen -ganzen Menschen- im Blick hat, die in ihr leben und lernen, muss auch Fehler, wie die Schüler selbst, machen dürfen. Sie kann nicht nach einem geleiteten Plan ablaufen . Die fünfte These beschreibt die Schule als Brücke zwischen der Kleinfamilie, in der das Kind im Vorschulalter groß geworden ist, und den meist massenhaft organisierten Systemen des gesellschaftlichen Lebens, wie beispielsweise des Ausbildungs- oder Berufssystems . Das Kind muss sich also in der Schule ebenso orientieren können, wie es das in der elterlichen Wohnung die ersten sechs Lebensjahre getan hat . In der sechsten These soll Schule, zwar Lebens- und Erfahrungsraum sein aber auch ein Ort, an dem wichtige Kenntnisse erworben, Fähigkeiten entwickelt und geübt und Vorstellungen geordnet werden. Die Schüler werden auf das Leben danach vorbereitet. Die Schule hilft ihnen, eine vernünftige Wahl unter den verschiedenen Laufbahnen zu treffen. Dies bleibt aber jenem Programm untergeordnet, das Hartmut von Hentig -Die Menschen stärken, die Sachen klären- genannt hat